Jose Epiayu vom indigenen Volk der Wayuu hat 16 Kinder. Genau, wir dachten auch erst das wir uns mit unserem schlappen Spanisch verhört hätten. Doch nein, der Älteste ist 28, der jüngste 3 jahre alt. Doch nun ist Schluß, mehr möchten er und seine Frau nicht mehr.
Wir erreichen Jose´s Haus am späten Nachmittag in Boca De Camarones, vor Ort müssen wir uns etwas durchfragen, ein netter Dorfbewohner mit Moped geleitet uns direkt zum Häuschen, und hier werden wir herzlich begrüßt. Eine ganze Kinderschar stürmt auf uns zu, umarmt uns als wäre ich der längst verlorene Onkel Gunnar und die ewig nicht mehr gesehene Tante Tanja als Alemania, und wir würden uns schon ewig kennen. Doch dies scheint so üblich bei den Wayuu, und auch Jose, das Oberhaupt der kleinen Gemeinde, begrüßt uns herzlich mit einer Umarmung.
Wir erläutern unser Anliegen, gerne mit ihm in die Lagunen zu fahren und die in der Bucht bekannten Flamingos zu sehen und zu fotografieren. Und idealerweise gleich hier über Nacht zu parken und Baloo seine Tagesrast zu gönnen. Si, claro, kein Problem. Bei gesüßtem Kaffee erfahren wir von Jose, das es gleich losgehen kann, denn der späte Nachmittag mit aktuellem Sonnenstand und den ablandigen Winden eignen sich ideal für die Ausfahrt. Also umgezogen, Kameraequipment zusammengesucht und ab es geht keine 15 Minuten später auf ein kleines Segelboot, das Jose mit einem seiner Söhne, Jose Manuel, in den kommenden 2 Stunden für uns steuert. Und was bekommen wir nicht für grandiose Vogelschwärme zu sehen. Flamingos, weiße Ibisse, Pelikane, rosa Löffler, diverse Reiher und auch den eher seltenen roten Ibis im weichen Abendlicht begeistern uns immer wieder, so dass Tanja mit dem Fernglas vor den Augen aus dem Schwärmen gar nicht mehr herauskommt – und ich mit dem Auslöser die Kamera im Dauereinsatz habe.
Erst weit nach Sonnenuntergang erreichen wir das kleine Dorf wieder, müde und gesättigt mit Eindrücken. Am nächsten Morgen ergibt sich für uns nochmal die Gelegenheit, gemeinsam mit Jose einen kleinen Streifzug durch den Ort zu unternehmen, um die Lehrer kurz bei Ihrer Arbeit mit den Grundschulkindern zu beobachten und ein wenig über die – für uns – komplett andere Welt der Wayuu zu erfahren. Denn von Venezuela bis in den Norden Kolumbiens gibt es rund 700.000 zugehörige Indigene, die in Ihrer Kultur das Matriarchat verankert haben. Alle mutterseitigen Verwandten werden als Angehörige einer Großfamilie, eines Clans, angesehen. Das hätten wir bei Jose mit seinen 16 Nachkommen jetzt so nicht erwartet.