Straßenkarneval in Rio de Janeiro, das ist beileibe nichts für zarte Gemüter. Hier geht es zur Sache, und das in allen Belangen. Um den Ablauf etwas zum Umreißen, finden 2025 insgesamt 444 kleine und große Paraden, sogenannte Blocks, statt. Über die gesamte Stadt verteilt – eine App hilft uns ein wenig bei der Suche nach den Orten und Zeiten – ziehen Bands und Tanzgruppen durch die Schluchten und widmen sich verschiedenen Mottos. Wobei das Motto, so wie wir es beobachten, eigentlich egal ist. Hauptsache laut, lustig, fröhlich, feucht.
Mal sind nur ein paar hundert Teilnehmer mit von der Partie, mal gibt es auch die großen Blöcke mit 600.000 Besuchern, die gemeinsam erst am Straßenrand feiern und dann in Kolonne dem letzten Paradenzug folgen.
Das Durchschnittsalter liegt gefühlt bei 25 Jahren, und wir kommen uns mit meinem leicht angegrauten Bart wie Oppa und Omma vor. Es wird viel nackte Haut gezeigt, Bier und Caipi konsumiert. Wer glaubt, dass nach ein paar Tagen des nächtelangen Feierns die Zeit am Morgen zum Ausruhen genutzt wird, der irrt. Scheinbar wird entweder in 3 Schichten rund um die Uhr von unterschiedlichen Feierwütigen durchgefeiert, oder die Leute wechseln sich ab. Denn auch bereits morgens um 7 Uhr ziehen die Trommelgruppen in einer Parade an unserem schlecht isolierten Fenster in der 9.ten Etage vorbei, obwohl die anderen erst um 3 Uhr nächtens aufgehört haben, und sorgen so für eine verkürzte Schlafsession – wieder mal.
Zarte Gemüter werden, wie oben schon angekündigt, von der Rohheit des Lebens auf der Straße etwas geschockt sein. Die mobilen Toiletten werden von den Mädels genutzt, die Männer sind in der Auswahl ihrer Ecke in angetrunkenem Zustand nicht ganz so wählerisch. Wirklich jede, jede Ecke wird genutzt, entsprechend riecht es in den Straßenfluchten teilweise bestialisch. Auch wenn die Stadtreinigung sich alle Mühe gibt, bei fast 8 Millionen Feiernden in der Stadt ist es unmöglich alles klinisch rein zu halten.
Neben der Nase gibt’s auch eifrig einiges auf die Ohren, denn wenn eine Gruppe von 200 Trommlern, begleitet von einem LKW mit Lautsprechertürmen für die Sänger, entlang zieht, dann wird die feuchte Stadtluft mit allerlei Dezibel geflutet. Dann geht es im Gedränge noch ziemlich auf Tuchfühlung, und der ein oder andere Bizeps oder Bikini streicht an dir entlang, begleitet vom Schweiß der letzten Samba-Tanzrunde. Kondome werden immer wieder kostenlos verteilt, das erscheint uns in Anbetracht der aufgeheizten Stimmung sinnvoll. Alle Sinne werden beim Straßenkarneval permanent gefordert, und nach ein paar Tagen machen sich auch bei uns die Ermüdungserscheinungen bemerkbar.
Auch wenn die Tage inmitten dieser hitzigen Sause nur so dahinfliegen, so fiebern wir auf unser persönliches Highlight inmitten des brasilianischen Karnevals entgegen. Das wird der Knaller. Doch davon berichten wir im nächsten Blog, hier wie immer bei www.3weltreisen.de .