Der österreichische Schriftsteller Marc Elsberg beschreibt in seinem Katastrophen-Thriller „Blackout“ die langfristigen Auswirkungen eines europaweiten Stromausfalles. Wir reisen seit einigen Wochen nun durch Ecuador und erleben auch hier tagtäglich Stromausfälle. Das Land leidet unter einer ungewöhnlichen Wasserarmut, die Wasserkraftwerke können keinen Strom produzieren und die Versorgungsnetze kriechen auf dem letzten Zahnfleisch.
Eine Woche verbringen wir in Quito, der höchstgelegenen Hauptstadt der Welt. Und auch hier, im Ballungszentrum leben rund 2,8 Millionen Menschen, wird täglich der Strom in den einzelnen Stadtteilen nur stundenweise freigeschaltet. In unserem Camper sind wir autark dank einer starken Aufbaubatterie, können auch ohne weiteres online gehen und müssen auch nicht auf unseren Kaffee verzichten.
Unser Campingplatz „Coda Vista“, betrieben vom Kanadier Andy, liegt etwa 15 Minuten außerhalb von Quitos historischem Zentrum, und es ist das einfachste für uns mit dem Taxi für kleines Geld die Fahrt zu organisieren. Unser Ziel an unserem ersten Ausflugstag ist „Virgen del Panecillo“, frei übersetzt „Die Jungfrau auf dem Brötchen“. Ein Hügel nahe der Altstadt wird auf Grund seiner Form Panecillo genannt, und 1975 wurde die Nachbildung der Jungfrau von Quito in beeindruckender Größe von 41 Metern auf deren Spitze gesetzt. Ein echter Eyecatcher, den es für uns zu erreichen galt. Denn das war erst einmal gar nicht so einfach, fiel bedingt durch den Stromausfall in Teilen die Telefonnetzverbindung zusammen und wir konnten uns keinen fahrbaren Untersatz bestellen. Als es denn klappte, blockierte die Feuerwehr dank eines Hausfeuers die Straße und wir mussten die letzten Meter zu Fuß den Berg erklimmen. Anreise mit Hindernissen, doch am Ende hat sich der Ausblick von der weltgrößten Aluminiumstatue definitiv gelohnt.
Und so setzte sich, für uns als Touristen nur eine kleine Einschränkung, für die hier lebenden Menschen existenzbedrohend, der Stromausfall täglich fort. Das historische Zentrum gilt als eines der größten und am besten erhaltenen in Amerika, geschützt von der Unesco seit 1978. Viele Geschäfte bleiben dunkel, grandiose Kirchen wie die Basilica del Voto Nacional, die Kathedrale von Quito, Basilika San Francisco uvm. können nur mit Tageslicht besucht und fotografiert werden.
Ähnlich ergeht es uns tags darauf beim Besuch des Guayasamin Museum, welches dem berühmtesten ecuadorianischen und zeitgenössischen Maler Oswaldo Guayasamin gewidmet ist. Mit der Taschenlampe in der Hand führt uns unser Guide durch die Räumlichkeiten, und manche der Ausstellungsstücke bekommen durch die spärliche wackelige Beleuchtung plötzlich einen ganz anderen Charme.
Der TeleferiQo, eine Seilbahn, bringt Besucher auf die Ostflanke des nahegelegenen Vulkans Pichincha auf eine Höhe von ca. 4.100 Metern. Das wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Und während wir da oben so entlang spazieren, die Aussicht über Quito bestaunen und auf einer Schaukel die Füße in den Himmel strecken, fällt uns plötzlich ein – was passiert eigentlich wenn auch hier der Strom ausfällt? Ohne Equipment wieder runterlaufen? Zum Glück rotiert die Seilbahn aber völlig unbeeindruckt und wir vermuten, dass die Transportanlage wahrscheinlich eine eigenständige Stromversorgung besitzt.
7 Tage bleiben wir, in denen wir auf unserem Stellplatz scheinbar über der Stadt schweben und einen uneingeschränkten Blick auf den perfekten Vulkan Cotopaxi, aber auch die Jungfrau auf dem Brötchen, genießen. Uns begleitet das Hintergrundrauschen der Straßen im Tal zu unseren Füßen. Der Verbrennermotor hält die Stadt trotzdem am Laufen, und gäbe es hier nur Elektromobilität, dann wäre hier alles bei Stromausfall – zappenduster.