Alle Langzeitreisenden, die auf der Panamericana unterwegs sind, müssen sich mit einem Ärgernis herumschlagen. Denn zwischen Panama und Kolumbien liegt das sogenannte Darien Gap, ein undurchdringlicher Dschungel ohne Straßen und Wege. Diese einzige Unterbrechung der Panamericana zwischen Alaska und Südargentinien kann nur mit dem Schiff für das Fahrzeug überbrückt werden. Nervenaufreibend, teuer und zeitintensiv – und das obwohl die eigentliche Schiffspassage nur etwa 1 Tag dauert.
Je nach Fahrzeugtyp stehen in der Regel nur 3 Transportmöglichkeiten zur Verfügung, die ich für alle, die sich nicht mit dem Reisen beschäftigen, kurz erläutern möchte:
Die Containerverladung. Zwei kleine PKWs oder Vans können in einen Container gestellt und darin auf einem Containerschiff oder RoRo Schiff mit Containerplatz transportiert werden. Vorteil: Sicher, relativ günstig. Nachteil: Verspätungen sind die Regel, unser Baloo ist für die Containerverladung zu groß
Die RoRo-Verschiffung. Die gängigste Variante für etwas größere Fahrzeuge, ein Roll-on-Roll-off Fahrzeugschiff. Vorteil: selten Unfälle. Nachteil: gelegentliche Verspätungen, der Fahrzeugschlüssel der Fahrerkabine muss abgegeben werden, gelegentliche Einbrüche in das Auto, teuer. Zweitfahrzeuge müssen separat transportiert und bezahlt werden.
Die Flat-Rack-Verschiffung. Das Fahrzeug wird auf eine Plattform in Größe eines 40 Fuß-Containers gefahren, verzurrt und offen auf einem Containerschiff transportiert. Vorteil: Zeitlich kalkulierbar, etwas günstiger bei großen Fahrzeugen über 65 m3 Volumen, Autoschlüssel verbleibt bei uns. Zweitfahrzeuge wie Quad oder Motorrad sind inkludiert. Keinerlei Einschränkungen von Mitnahmegegenständen. Nachteil: offener Transport und somit Wind und Salzwasser ausgesetzt, daher nur bei Kurzstrecke zu empfehlen, etwas höheres Unfallrisiko
Für die Strecke Panama – Kolumbien entscheiden wir uns für Variante 3, basierend auf der Empfehlung anderer Reisender kurz zuvor. Um all die organisatorischen Belange zu koordinieren wendet man sich im Allgemeinen an eine Agentur bzw. an einen Agenten, der mit der Route vertraut ist, die Ansprechpartner vor Ort kennt und einem bei der gesamten Prozedur unterstützt. Denn Bürokratie gibt es nicht zu wenig zu bewältigen. Die Polizeiinspektion, der Kontakt zur Logistikfirma in Panama, der Reederei, der Logistikfirma in Kolumbien, die Zollbehörde – all diese Ansprechpartner ohne Agenten zusammen zu suchen wäre eine ziemlich mühsame Angelegenheit. Und die Suche nach einer Autoversicherung kommt ja so nebenbei dann auch noch hinzu.
Rund 10 Tage planen wir für die Abwesenheit unseres treuen Gefährten Baloo, was sich auch als passend herausstellt. Doch der Schreck fährt uns gleich am Anfang bei der Verladung (ein Mitarbeiter fährt) des Fahrzeuges bei der Logistikfirma in Panama durch alle Glieder. Denn die Auffahrrampe auf die Containerplattform wurde instabil gebaut, und es passiert was nicht passieren sollte, nicht passieren darf. Die rechte Planke verrutscht und Baloo kracht mit der Außentreppe auf die Kante der Plattform. Die Treppe ist komplett zerstört, Baloo hängt mit den Vorderreifen auf der Plattform, den Hinterreifen auf dem Boden, die Rampe verrutscht.
Eine kleine Rettungsaktion wird vom Logistikteam Stück für Stück vorgenommen, und nach ca. 30 Minuten ist die Rampe wieder so stabilisiert, dass erst die Abfahrt und dann eine erneute Auffahrt in Angriff genommen werden kann. Alles klappt, und nach rund 3 Stunden sehen wir Baloo, verladen auf einem LKW, davonfahren.
Tatsächlich ist, bei allem Unglück – nur die Treppe zerbröselt worden, alles andere ist zum Erstaunen aller unbeschädigt. Während wir uns nun also nach Panama City begeben und den Flug nach Cartagena/Kolumbien ein paar Tage später nehmen, bestellen wir in Deutschland eine neue Treppe bei unserem Fahrzeugbauer. Und tatsächlich, nach nur 4 Tagen Versandzeit bekommen wir Ersatz geliefert. Und die Treppe können wir, nachdem sowohl die Verschiffung wie auch die Entladung im Hafen von Cartagena von der Containerplattform reibungslos über die Bühne geht, austauschen.
Doch bis es soweit ist, stehen wir in Cartagena abrufbereit für alle möglichen kurzfristigen Erledigungen. Also nicht nur Sightseeing in der vielleicht schönsten Stadt Kolumbiens. Da benötigen wir eine notariell beglaubigte Vollmacht für unseren Agenten vor Ort, dass er in unserem Namen die Hafengeschäfte tätigen darf und Termine koordiniert. Irgendwann kommt die Ansage, das in einer Stunde die Entladung stattfindet – und wir mit dem Taxi hineilen und ich mit Helm und Schutzweste bei 35 Grad die Entladung begleite und den Autoschlüssel zur Verfügung stelle. Um dann tags darauf eine Unterschrift bei der Zollbehörde abzugeben habe, Fotos und Dokumente durch die Gegend versende, die Agentin bezahle und zuguterletzt nach 5 Tagen in Kolumbien wieder hinter dem eigenen Lenkrad sitze. Das die komplette Kommunikation auf Spanisch mündlich bzw. via WhatsApp stattfindet, das brauche ich wohl nicht extra zu erwähnen.
Den Verladeprozeß und den Unfall haben wir in einem kleinen Video festgehalten. Er ist dem Blog angehängt und kann auf Youtube abgerufen werden. Im Anschluß wurden wir im Übrigen gefragt, ob wir denn trotz des Malheurs wieder die gleiche Transportmöglichkeit wählen würden – und ja, wir würden es wieder so angehen. Denn Missgeschicke können auf jedem Transport passieren, egal ob auf der Straße, beim Einparken oder wie in diesem Fall, auf dem Weg zum Schiff.