Wir überqueren die abenteuerlich einsame Grenze zwischen Argentinien und Paraguay in einem kleinen, verlassenen Ort namens Pozo Hondo. Der Schlagbaum ist gerade mal hoch genug um Baloo passieren zu lassen, ansonsten scheinen wir weit und breit die einzigen zu sein, die sich diesen Grenzspaß antun.

Antun, sich zumuten, durcharbeiten – all das könnten wir jetzt für die kommenden 230 km Wegstrecke umschreiben, denn die folgenden Begrüßungskilometer in Paraguay sind eine einzige Strapaze. Eine Großbaustelle mit etwa 150 km!!! Länge rüttelt und schüttelt uns 3 kräftig durch und zerrt an unseren Nerven. Und die restlichen Straßenpassagen, die noch nicht mit Baustellenaktivitäten beglückt werden, stellen sich nicht gerade als besser dar. Doch in 1,5 Tagen sind wir durch – sprichwörtlich.

Unser Zwischenziel, Filadelfia, gewährt uns eine Verschnaufpause für 2 Tage, und das ist ehrlich gesagt ziemlich spooky. Denn wer uns auch immer mit westlich erscheinendem Gesicht über den Weg läuft – spricht deutsch. Ein teilweise ungewöhnliches Plattdeutsch, aber trotzdem. So stehen wir im Supermarkt vor den gut gefüllten Regalen, und um uns herum plappern Kinder mit ihren Eltern über ihre Wünsche aus den verlockenden Süßigkeitenangeboten. Und das in einem Paraguay, in dem gerade mal die wichtigsten Hauptstraßen geteert sind, der überwiegende Teil der Wege besteht aus gestampftem Boden.

Filadelfia wurde 1930 von ausgewanderten Russlanddeutschen gegründet, und die Mennoniten der Region teilen sich in 3 große Kommunen auf. Wir befinden uns in Fernheim, deren Museum sich gleich gegenüber unserem Parkplatz im Zentrum befindet. Horst, ein Museumsmitarbeiter, geleitet uns durch das Areal und so können wir erfahren, mit welcher Konsequenz und mit welchem Fleiß die Mennonitengemeinde sich im Laufe von fast 100 Jahren einen respektablen Platz in der Agrarwirtschaft des Landes erarbeitet hat. Zum anderen klärt (ich hoffe nicht verklärt) das Museum ebenfalls auch das Zusammenleben mit den indigenen Paraguayern auf, die seit Jahrtausenden im zentralen Südamerika ihr Leben gestalten.

Beim Namen „Horst“ denke ich in erster Linie an die etwas ältere Generation, wie z.B. die meiner Eltern / Onkel etc. Das hier in Filadelfia der Museumsmitarbeiter gerade mal so Mitte 20 ist und diesen Namen trägt, das spiegelt vielleicht auch die regionale Abgeschiedenheit der Fernheim-Kommune wider, die Namen und Traditionen werden hier nicht sonderlich mit der restlichen Welt vermischt. Auch wenn Filadelfia innerhalb des Landes mittlerweile zu den fortschrittlichen und gutsituierten Städten gehört. Zum Probieren des Käsekuchens im Café um die Ecke hat es leider nicht mehr gereicht, und ob es hier auch eine Filadelfia-Torte gibt – wir werden es nicht mehr erfahren. Denn Baloo wollte weiter, und so passieren wir den Rio Paraguay, stoppen für ein paar Stunden in Concepcion und werden in Kürze die nächste Ländergrenze in Angriff nehmen …

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