Hach, was habe ich als ca. 12-jähriger Junge die Bücher von Jules Vernes geliebt und verschlungen. In 80 Tagen um die Welt, 20.000 Meilen unter dem Meer, von der Erde zum Mond – und natürlich auch das aus dem Jahre 1864 erschienene Buch „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“.
Der Mittelpunkt der Erde wird, wenn auch anders interpretiert, hier in Ecuador, groß geschrieben. Der Landesname verrät es schon, der Äquator verläuft einmal von Osten nach Westen (oder umgekehrt) quer durchs Land. Doch was ist die Besonderheit, dass ausgerechnet hier in Ecuador der Bauchbinde unserer Erdkugel solch eine Aufmerksamkeit gewidmet wird? Nun, bereits 1736 hat der Franzose Charles Marie de La Condamine mit einer Expedition die Position des Äquators bestimmt, in dem er die Berge der Anden im Rahmen einer Triangulationsberechnung nutzte und so den nullten Breitengrad bestimmte.
Als größte Touristenattraktion gibt es entsprechend an der Stelle einen Monolithen „Mitad del Mundo“, ergänzt mit Museum, Verkaufsgeschäften und allerlei Unterhaltungsprogramm für den interessierten Besucher.
Doch dann passierte das, was den Betreibern des Unterhaltungsparks so gar nicht gefiel. Mit Einführung der GPS Technik in den 1980er Jahren stellte man plötzlich fest, das die Berechnungen aus dem Jahre 1736 nicht ganz präzise waren. Der eigentliche Äquatornullpunkt liegt etwa 240 Meter entfernt.
Doch anstatt diesen neuen Punkt mit in das Unterhaltungsprogramm zu integrieren, wird es geflissentlich ignoriert, so das sich dort das Äquatormuseum Intiñan in der Nähe niedergelassen hat, um darzustellen, wie die Inka den Erdmittelpunkt bestimmt haben. Möchte man nun mit seinem eigenen Smartphone und dem GPS Signal den Breitengrad 0°0.000’N tatsächlich sehen, so muss man aufpassen, steht man denn in dem Moment direkt auf der Hauptstraße. Kann ein wenig gefährlich werden, wenn man zulange aufs Display starrt.
Um dem Hype rund um die Äquatorberechnung noch eine weitere Kirsche auf der Torte aufzusetzen, gibt es noch einen dritten Standort, der sich direkt an der Panamerikana, rund 28 km östlich der anderen Punkte befindet. Das Militärgeografische Institut Ecuadors errechnete mit 1mm Genauigkeit die Position des Äquators, um dort eine 54m im Durchmesser erstellte Sonnenuhr zu errichten, von Satelliten aus dem Weltraum zu sehen und als Referenz mit zu nutzen. Die „Quisato Solar Clock“ legt in seiner Ausstellung mehr den Schwerpunkt auf den Verlauf der Sonne sowie der Gestirne im Vergleich zur Erdrotation.
Für alle spirituell und kunstinteressierten Besucher empfiehlt sich nahe des „Mitad del Mundo“ auch ein Besuch des Museums des indigenen lokalen Künstlers Cristobal Ortega Maila. Der „Templo de Sol“ und der „Templo de la luna“ des noch immer schaffenden Künstlers ist mit Andeutungen an die Mittelerde gespickt und definitiv einen Besuch wert
Wir müssen glücklicherweise nicht, wie der eigenwillige deutsche Professor Otto Lidenbrock in Jules Vernes Roman, in einen Vulkan klettern und Abenteuer bestehen um den vermeintlichen Mittelpunkt der Erde zu suchen. Uns reicht glücklicherweise die Anfahrt über die guten Straßen Ecuadors – und bekommen gleich 3 Mittelpunkte als Auswahl präsentiert.